Ralph Boes
http://grundrechte-brandbrief.de
 

An die Redaktion der Jüdischen Allgemeinen
 

Sehr geehrte Redaktion der Jüdischen Allgemeinen,
sehr geehrte Elke Wittich - 

 

angesichts Ihres Artikels: "Die Kurssuche" über die Piraten
  http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/12905
in dem ich mit rechtsradikalen Umtrieben in Verbindung gebracht worden bin, 
möchte ich Ihnen meine Stellungnahme schicken, die ich auf meiner Webseite veröffentlicht habe.
 
So weit ich mich "zu den Fakten" äußere, gilt der Artikel unbedingt.
So weit ich über den Autor des Artikels in "Reflexion" spreche,
  http://reflexion-blog.com/?p=2210
gibt der Artikel den Kenntnisstand vom 04.05.2012 wieder.
 
 
Zur weiteren Verständigung möchte ich noch klären, dass ich von einem etwaigen "rechtsradikalen Hintergrund" eines Senders nichts wusste, in dem ich EINMAL (nicht mehrmals !) ein Interview zum Grundeinkommen gegeben habe. Ich bin Privatmann und habe keine politische Beratung und kein Rechercheteam. Und es war einfach das große, mehrfach vom Sender geäußerte Interesse am Thema Grundeinkommen, welches mich letztlich bewogen hat, dorthin zu gehen.
 
Doch ist das Problem nicht vollständig geklärt:
Ich trete für das bedingungslose Grundeinkommen ein und denke, dass das Thema allgemein-menschliche Bedeutung hat und die ganze Welt angeht. So gehe ich durch alle "Parteien" und alle "Kirchen", überall hin, wo man mich hören und mit mir die Sache "diskutieren" will. Es hat schon Tage gegeben, da habe ich morgens vor einem Unternehmernetzwerk und abends vor der "Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands" (MLPD) gesprochen, am nächsten Abend in einer evangelischen Kirchengemeinde usf.. Manchmal (!) spreche ich so auch vor den Piraten ...

Ich sehe das damit verbundene Problem - und weiß (noch) nicht, wie ich damit umgehen kann.
Man muss mich aber an den Inhalten meiner Auseinandersetzungen und nicht an den Orten messen, an denen ich spreche. Man hält ja auch nicht einen Rabbi für einen Katholiken, wenn er einmal, was ja leider nur selten vorkommt, in einer katholischen Kirche oder vor einer katholischen Gemeinde spricht.
 
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir uns jetzt verstehen - und dass der Unsinn des Reflexion-Blogs
http://reflexion-blog.com/?p=2210 nicht weiter zwischen uns stehen muss ...
 
 
Ein allerletzter Punkt: 
 
Ich habe eine Geschichte aus Warschau vernommen.
Da haben einige der hungernden Juden das Herz von Bewachern zu erweichen versucht und sie gebeten, wenigstens den Kindern etwas zu essen zu geben. Die Nazis haben zugesagt, eine Kirche wurde freigeräumt, Tische hineingestellt und mit Tellern gedeckt. Dann durften die Juden ihre Kinder bringen. Als die Kinder saßen ging die Türe auf, es kamen Soldaten herein und haben alle Kinder erschossen.
 
Es ist unfasslich, mit welchem Zynismus da ein ur-menschlicher Impuls in sein totales Gegenteil verkehrt wurde. Und es gibt ja zigtausende Geschichten dieser Art. 
Fassungslosigkeit, Entsetzen, Empörung und Zorn - das sind die einzigen Empfindungen, die ich dem Nazitum gegenüber habe. Und wenn ich als Nachgeborener auch nicht mehr persönliche "Schuld" empfinde, so doch Scham, dass etwas derartiges durch unser Volk geschehen konnte.
 
Schuld würde ich allerdings sofort empfinden, wenn wir nicht alles täten, um solche Verbrechen für alle Zukunft auszuschließen. - In diesem Sinne setze ich mich für eine von jedem Rassismus und von jeder Unterdrückung freie, auf allgemein-menschlichen Werten sich gründende Gesellschaft ein.
"Die Menschwürde ist unantastbar" - dieser Satz muss der Maßstab für alle menschliche Begegnung sein.
 
 
Es wäre gut, wenn Sie mich schützen würden, wenn der Vorwurf einer braunen Sympathie wieder gegen mich erhoben wird. Umgekehrt stehe ich auch gerne für ein Gespräch, einen Vortrag oder ein Interview in Ihren Kreisen zur Verfügung ...


In diesem Sinne mit herzlichem Gruß,
Ralph Boes