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Ralph Boes

Berlin, den 20.07.2015

 
 
 
 

Bundesverfassungsgericht

Schlossbezirk 3

76131 Karlsruhe

 
 
 

Verfassungsbeschwerde nach § 90, Absatz 1 BVerfGG

und nach § 90, Absatz 2 Satz 2 BVerfGG, bzw. nach § 32 BVerfGG 

 

 

 

Hohes Gericht,

 

 

hiermit erhebe ich nach § 90, Absatz 1 BVerfGG
und nach § 90 Absatz 2 Satz 2 BVerfGG Verfassungsbeschwerde,

- weil durch die §§ 31, 31a, 31b SGB II mein Grundrechte auf die Achtung der Menschenwürde gemäß Art. 1 GG  i.V.m. Art. 20 Abs. 1 verletzt werden

- und weil durch die Anwendung der §§ 31 f SGB II und den langen Klageweg auf dem gewöhnlichen Rechtsweg in den in meinem Falle waltenden besonderen Umständen mein Leben gefährdet ist.

 

 

Ich erhebe Verfassungsbeschwerde gemäß § 90, Absatz 1 BVerfGG zu den Fragen

 

  A:

Sind die § 31a i. V. m. § 31 und § 31b SGB II (in der Fassung des Zweiten Sozialgesetzbuches vom Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I vom 29.3.2011, S. 453) mit dem Grundgesetz vereinbar, insbesondere mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das sich aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG, sowie mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 S. 1 ergibt ?

S. Teil A der Beschwerde

(Die Frage von Teil A ist in Form einer Richtervorlage inzwischen auch durch das Sozialgericht in Gotha an das BVerfG gestellt, s. AZ: 1 BvL 7/15)

     
  B:

Werden der ARBEITSBEGRIFF, den das Jobcenter vorlegt, und die Definition des "Interesses der Allgemeinheit", an dem das Jobcenter den Wert der Arbeit bemisst, dem Wesen der Arbeit, ihrem wahren Nutzen für die Gesellschaft, der Achtung dem Schutz der Menschenwürde und dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gerecht ?

S. Teil B der Beschwerde

     
und stelle gemäß § 90, Absatz 2, Satz 2 BVerfGG,  bzw. gemäß § 32 BVerfGG
     
  C: den Antrag, zu entscheiden, dass die gegen mich laufenden Sanktionen bis zur Klärung der Fragen auszusetzen sind.


Da ich (mit Bezug auf Art. 20, Abs. 4 GG) die Sanktionen bewusst provoziert habe, um
durch sie die Mittel zu erhalten, die Fragen aus Teil A und Teil B zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe bringen zu können (Näheres dazu in der anhängenden Begründung), haben diese (die Sanktionen) inzwischen ein Maß erreicht, das ich auf würdige Weise nicht mehr bewältigen kann, ohne meinen Tod in Kauf zu nehmen.

 

Ein Antrag zur Aussetzung der Sanktionen wurde von mir an das Jobcenter Berlin gestellt,

s. Anlage 1

er wurde aber, ohne irgendwie auf meine Gründe einzugehen (!), verworfen.

s. Anlage 2

 

Auf diesen Widerspruchsbescheid bezieht sich Teil C meiner Beschwerde.

Der Widerspruchsbescheid des Jobcenters ist bei mir am 23.06.2015 eingegangen.

s. Anlage 3

Die hiermit vorliegende Verfassungsbeschwerde ist damit fristgerecht eingereicht.

 

 

 

 

 

 

 

Begründung:

 

 

Hohes Gericht –

 

ich bin Hartz-IV-Berechtigt – und halte die Sanktionen in Hartz IV für menschenrechts- und verfassungswidrig.
 

Um das Problem zum politischen Thema machen und es zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe bringen zu können, habe ich bereits im Juni 2011 einen öffentlichen Brandbrief geschrieben

s. Anlage 4

und mich dann offen in die Schusslinie aller Sanktionen gestellt.

 

D.h., statt, wie gewöhnlich, Sanktionen zu vermeiden, habe ich mich (oft auch mit Berufung auf Artikel 20, Abs. 4 GG) lange bemüht, rechtssichere und unauflösbare Sanktionen zu erhalten, mit denen ich dann im Sozialgericht – statt einer Klage – einen Antrag für eine Richtervorlage zur Überprüfung der Hartz-IV-Gesetze einlegen konnte.

 

Da es nur wenige Richter gibt, die sich auf eine Richtervorlage einlassen, habe ich mich entschlossen, viele Sanktionen zu erhalten, um bei vielen Richtern klagen zu können.

Die Möglichkeit über § 90 BverfGG zu klagen, war mir bis dato noch nicht bekannt.

 

Es haben sich inzwischen in fortlaufender Folge eine 30-Prozent-, eine 60-Prozent-Sanktion und neun 100%-Sanktionen angesammelt. Seit Oktober 2012 werde ich (mit geringfügigsten Unterbrechungen) fast durchgängig sanktioniert. Davon seit August 2013 fast durchgängig [1] um 100 Prozent.

 

Derzeit läuft vom 01.06. bis zum 31.08.2015 eine 100-Prozent-Sanktion.
Eine weitere 100-Prozent-Sanktion ist seit dem 01.07.2015 aufgestockt, so dass sich für Juli und August eine zweihundert-Prozent-Sanktion ergibt.
Die dreihundert-Prozent-Sanktion folgt vielleicht in Kürze.

 

 

Eine graphische Übersicht über alle meine Sanktionen ist hier beigefügt

s. Anlage 5,

oder, wenn Sie im Internet schauen, mit Vollzugriff auf alle Akten, unter

http://artikel1gg.de/index5-Prozesse.htm

zu finden.

Um den Wahrheitsgehalt der Übersicht zu belegen, verweise ich auf den Widerspruchsbescheid des Jobcenters vom 19.06.2015.

S. Anlage 3, Seite 4, letzter Absatz

 

 

Kernstück aller von mir gegen die Sanktionen eingereichten Klagen

ist das Gutachten über die Verfassungswidrigkeit der Sanktionen in SGB II, welches ich auch hier einreiche. Dieses Gutachten ist auf meine Veranlassung hin von ausgewiesenen Verfassungsrechtlern für mich erstellt worden, und hat kürzlich, durch einen Kläger in Gotha eingereicht, das dortige Sozialgericht überzeugt, die Verfassungsklage gegen die Sanktionen einzureichen. (AZ 1 BvL 7/15)

S. Teil A der hier vorliegenden Verfassungsbeschwerde

 

Da mir ein einfaches Nein zu den Sanktionen zu einseitig erschien, habe ich in allen Klagen das Gutachten auf meine Weise durch die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsbegriffes in SGB II ergänzt.
Auch diese Frage ist HIER vorgelegt.

S. Teil B der hier vorliegenden Verfassungsbeschwerde

 

Sie enthält einen Ansatz, menschen- und verfassungsgemäßer über das Wesen der Arbeit zu denken, als das heute allgemein geschieht.

 

 

 

Hohes Gericht –

 

schon als ich den Brandbrief schrieb

s. Anlage 4

habe ich mir vorgenommen, mit meinem Leben und mit meiner ganzen Existenz für die Erhaltung, bzw. die Wiedergültigmachung der Grundrechte und des Grundgesetzes einzustehen.

 

Ich hatte allerdings nicht geahnt, dass das so langsam gehen würde.

Meine Kräfte sind jetzt am Ende.

 

Anders, als jetzt in Gotha, wo einem Kläger durch das Sozialgericht die Verfassungswidrigkeit der Sanktionen bestätigt wurde, hat mich in Berlin bisher nicht ein einziger Richter auf meinem Weg zum Bundesverfassungsgericht unterstützt. Im Gegenteil, man schiebt meine Klagen dort auf die lange Bank.

 

Seit nunmehr zwei Jahren bin ich jetzt ohne Geld für Essen, Wohnung oder Krankenkasse. Dass ich noch lebe, verdanke ich Freunden, die mir Darlehen gewähren. Aber auch diese Quellen sind jetzt erschöpft. Nicht nur, weil sie tatsächlich nicht mehr fließen, sondern weil ich sie, nachdem jetzt meine Aufgabe erfüllt ist, die Sanktionsgesetze nach Karlsruhe zu bringen, auch nicht mehr annehmen darf.

 

Nachdem nun durch das Sozialgericht in Gotha endlich die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen in Frage gestellt worden ist –

und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich mich nicht willkürlich regelwidrig verhalte, sondern dies tue, um durch meine Klagen einen Richter zu erreichen, der die Sanktionen nach Karlsruhe bringt (eine durch Artikel 20, Abs. 4 GG gestützte, aus meiner Sicht schützenswerte staatbürgerliche Pflicht)

habe ich das für mich zuständige Jobcenter in meinem Widerspruch gegen die achte 100%-Sanktion aufgefordert, bis zur Klärung der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der §§ 31 SGB II die gegen mich laufende Sanktionen auszusetzen.

S. Anlage 1

 

Das Jobcenter Berlin Mitte hat meinen Widerspruch abgelehnt, ohne auf den Inhalt meiner Widerspruchsbegründung einzugehen.

S. Anlage 2

 

Dieser Widerspruchsbescheid und die kalte Art des Jobcenters, sich kommentarlos der Verantwortung zu entziehen, ist der Anlass, dass ich mich an Sie wende.

 

Da ich wegen der Totalsanktionierung seit dem 01.07.2015 ohne Nahrung bin

- Essensgutscheine zu erbetteln von einer "Behörde", die sich für alle meine Argumente blind stellt, die mich sanktioniert und die ich für verfassungswidrig halte, ist für mich unmöglich: Ich würde damit meine eigene Würde zu Markte tragen …
S. Anlage 6

da ich nicht weiß, wie das Sozialgericht in Berlin reagiert

- bisher hat es sich allen Anträgen von mir, seien es Anträge auf Prozesskostenhilfe, Anträge auf einstweilige Anordnung, Anträge auf Richtervorlage strikt verweigert …

und da es auch gar nicht angemessen reagieren kann

- wenn 2 oder 3 Sanktionen gleichzeitig laufen, müssten 2 oder 3 Richter gleichzeitig die Sanktionen aufheben, um mir beim Überleben zu helfen … -

weil deshalb mein Leben im Verfolge des Rechtsweges gefährdet ist, bitte ich Sie um Überprüfung der in Teil A und Teil B der hier vorliegenden Beschwerde gestellten Fragen und darum, im Sinne von C die Sanktionen bis zu Ihrer Antwort auszusetzen.

 

 

Für eine Verfassungsbeschwerde nach § 90, Absatz 1 und Absatz 2, Satz 2 BVerfGG
sind beide Elemente, die gefordert sind, gegeben:

1.) Mein Begehren zur Überprüfung der beiden Fragen A und B ist von allgemeiner Bedeutung.

2.) Mir entsteht ein schwerer unabwendbarer Nachteil, falls ich weiter nur auf den Rechtsweg verwiesen werde.

 

 

Mit freundlichem Gruß,

Ralph Boes


 

[1] D.h. durchgängig, abzüglich einer 2-monatigen Sanktionspause, die aus einem "Fehler" des Jobcenters resultierte: Ein Sanktionsbescheid ist mir versehentlich nicht zugesendet worden.