Liebe Freunde
 

ich bin mit dem unten stehenden, von mir geschriebenen Brief absolut noch nicht zu frieden! Er ist unter Zeitdruck entstanden - und fasst das wirkliche Thema nicht wirklich tief. Außerdem hat er kriecherische Elemente, für die ich mich schäme.

 

Er stellt nicht die Frage, was geschieht, wenn ALLE Prozesse in dieser Weise außer Kraft gesetzt werden ... und wie das den Satz:

Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(Artikel 20, Satz 4 GG)

berührt.

Ist "andere Abhilfe" dann nicht möglich?


Kurz: Die Auseinandersetzung ist in diesem Brief noch keineswegs befriedigend zu Ende geführt.
Jetzt weiß ich auch noch nicht, was ich mache. ...

 

RB

 

 

Ralph Boes                                                                                             Berlin, den 03.06.2014

Spanheimstr. 11

13357 Berlin

 

 

Tel.: 

 

E-Mail:

ralphboes@freenet.de

 

 

 

Ralph Boes,   Spanheimstr. 11,   13357 Berlin    aa

   aa

 

 

Sozialgericht Berlin

- 102. Kammer, Herrn Richter xxx -

Invalidenstraße 52

10557 Berlin

 

 

 

 

 

Az.: S 102 AS 26149/13

Ihr Schreiben vom 07.05.2014

 

 

Sehr geehrter Herr Richter xxxx ,

 

ich danke Ihnen sehr für Ihr Entgegenkommen, die Sanktion auflösen zu wollen.

Mit der Sanktion hängen aber so VIELE Rechtsbrüche und Rechtsbeugungen durch das Jobcenter zusammen, dass ich der von Ihnen erwogenen Lösung nicht einfach zustimmen möchte, ohne nicht zuerst DAS GANZE der Auseinandersetzung in den Blick gebracht zu haben:

 

 

Teil A:

 

Zunächst zu den Rechtsbrüchen / Rechtsbeugungen im Vermittlungsangebot …

 

1.) Zum Zeitpunk der Vorlage des "Arbeitsangebotes" und meiner dementsprechenden Vorstellung beim "Arbeitgeber" lagen keinerlei Eingliederungsvereinbarung vor. 
Sie wurde noch "verhandelt".

 

2.) Das Vermittlungsangebot vom Jobcenter war in einer Weise verfasst, die von mir nicht akzeptiert werden konnte:

·         Es gab nicht nur die von Ihnen beschriebenen Mängel –

  • zusätzlich wurde das "Angebot" von einer dritten, mir unbekannten Person unredlich unter dem Briefkopf meiner Arbeitsvermittlerin (Frau Lorbeer) versendet, mit der ich noch in Verhandlung der Eingliederungsvereinbarung war.

  • Und es war das Angebot nicht unterschrieben, sondern nur mit maschineller Namensnennung, ohne Vorname und ohne Anrede (Herr oder Frau) versehen:

Mit freundliche Grüßen,
im Auftrag
Heymann
 

3.) Mein Einspruch dagegen wurden weder von der Arbeitsvermittlerin noch von der Rechtstelle des Jobcenters akzeptiert.

Es wurde statt dessen behauptet, die Sanktionsandrohung des Vermittlungsangebotes sei alleine deshalb schon gültig, weil sie dem Vermittlungsangebot beigefügt gewesen ist.  Ich hätte mich schon aus diesem Grunde bedingungslos zu fügen gehabt.

 

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ALLE diese Punkte werten würden, damit wieder etwas Rechtssicherheit entstehen kann und wir, als von Hartz IV Betroffene, nicht das Gefühl haben müssen, Opfer auf einem – von IRGENDWEM verfügbaren – Sklavenmarkt zu sein.

 

D.h., ich würde auch gerne wissen,
- ob Sanktionierungen OHNE Eingliederungsvereinbarung

- ob Anschreiben unter nicht-zutreffenden Briefköpfen

- und mit nicht rechtsgültigen Unterschriften
rechtens und sanktionsfähig sind.

 

 

Teil B:

 

Darüber hinaus stelle ich den Antrag, das Jobcenter für die Massen fehlerhafter Bescheide zur Verantwortung zu ziehen.

 

Was ich damit meine, ist:

 

Von den ersten vier gegen mich verhängten Sanktionen ist die von Ihnen jetzt bearbeitete die dritte, die außer Kraft gesetzt wird. Die erste ist noch nicht bearbeitet. Es kann sein, dass auch sie rechtsungültig ist. 

 

Bei drei von vier – gegebenenfalls vier von vier – ungültigen Sanktionen in meinem Fall (das sind 75-100 %) und 40-50% (manche Quellen gehen bis 80%) ungültiger Sanktionen im Durchschnitt aller Sanktionierungen in Deutschland drängt sich weit mehr als nur die Vermutung auf, dass die Behörde unfähig ist, die ihr auferlegten Gesetzeshandlungen angemessen durchzuführen.

 

Die Unfähigkeit der Behörden, das – auch in Hinsicht auf die Verfassung und die Menschenrechte – viel zu scharfe Schwert der Sanktionen zu führen [1], führt einerseits zu einem Leid, welches kaum zu  beschreiben ist und andererseits zu einer Prozessflut, die alle Beteiligten überfordert.

 

Der einfachste Weg, hier Abhilfe zu schaffen, ist, die "Behörde" für die Fehlentscheidungen zur Verantwortung zu ziehen:
 

Wie jeder Betrieb, der Schäden produziert, müsste sie für Fehlhandlungen selber haften, d.h. nicht nur das Geld herausgeben, welches sie den Betroffenen unrechtmäßig vorenthalten hat, sondern auch Schadensersatz für alle durch die fehlerhaften Sanktionen entstandenen Schäden (auch psychische) und Schmerzensgeld bezahlen.

 

Von direkten Konsequenzen, die fehlerhafte Sanktionen für die Mitarbeiter im Jobcenter haben müssten, will ich hier gar nicht  erst sprechen.

 

Angesichts der Vernichtungswirkung, die die Sanktionen für die Betroffenen haben, der Vernichtungswirkung für ihr Selbstbewusstsein, für ihr soziales Leben bis hin zu ihrer physischen Existenz, ist ein solches in-Haftung-Nehmen der Jobcenter aus meiner Sicht eine Selbstverständlichkeit.

 

Dies umso mehr, als

1.) die Fehlhandlungen des Jobcenter nicht Einzel-Unfälle sind, sondern systemischen Charakter tragen

(die Jobcenter sind mit der "Erfüllung ihrer Pflichten" überfordert [2], es herrscht eklatanter Personalmangel, die oberen Mitarbeiter erhalten Bonuszahlungen und positive Bewertungen – auch für Einsparungsmaßnahmen, die darin bestehen, Menschen den Zugang zu Hartz IV zu erschweren [3], sie zu demotivieren [4] und zu sanktionieren,
die unteren Mitarbeiterschichten werden mit Zeitverträgen unter Druck gesetzt, bedingungslos die – oft unsinnigen – Vorgaben von oben zu erfüllen)

und

2.) die Jobcenter privatwirtschaftlich organisiert sind und deswegen auch wie jedes privatwirtschaftliche Unternehmen für Fehlentscheidungen und Schäden, die verursacht werden, zur Verantwortung gezogen werden müssen/können/dürfen.

 

Die Prozessflut würde sofort abnehmen und das Leid der zu Unrecht Betroffenen signifikant absinken, wenn das Jobcenter in solcher Weise für Fehlentscheidungen in die Verantwortung genommen würde – weswegen ich zusammenfassend jetzt folgenden Antrag stelle:

 

 

Teil C:

 

Sehr geehrter Herr Richter xxx,

 

ich begrüße es sehr, dass Sie die Sanktion aus den von Ihnen genannten Gründen auflösen möchten, bitte aber, auch die in Teil A vorgebrachten Fakten in Ihre Betrachtung mit einzubeziehen.

 

Darüber hinaus bitte ich Sie, im Sinne von Teil B dem Jobcenter die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld für die systemisch vollbrachten Fehlleistungen aufzuerlegen. [5]

  

Außerdem besteht weiterhin die Möglichkeit, den Prozess, wie in unserer Klage beantragt, auszusetzen und die Sanktionsregeln zur Überprüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit in Karlsruhe vorzulegen.

 

Mit freundlichem Gruß,

 

 

Ralph Boes

 


 


[1] Ich führe an: selbst ein Verbrecher wird nur bis an die Pfändungsgrenze gepfändet, ihm wird im Prozessfall aufschiebende Wirkung gegönnt, er erhält im Gefängnis sicher Obdach und Essen - während Hartz IV-Bezieher selbst schon bei einfachsten Beharrung auf ihr Grundrechte auf Null sanktioniert werden – meist ohne aufschiebende Wirkung, ohne Wohnung und zumeist auch ohne Essensgeld. 1

[2] schon einfach deshalb, weil sie unter einer illusionären Vorgabe der Volbeschäftigung arbeiten

[3] durch unbegründete Verzögerung der Antragsannahme, durch Verschwinden lassen von Akten usf.

[4] unangemessen Jobzuweisungen und Beschäftigungsmaßnahmen etc.

[5] Sollte der Antrag in Teil B nicht in Ihr Ressort fallen, bitte ich um Entschuldigung. Ich konnte, da ich im 11. Monat totalsanktioniert und dementsprechend nicht mehr voll verfügbar bin, mich mit meiner Anwältin noch nicht ausreichend besprechen