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Ralph Boes

Berlin, den 12.01.2016

 
 

An das

Sozialgericht Berlin

Invalidenstraße 52

10557 Berlin

 

 

Az: S 108 AS 26479/15

 

 

Sehr geehrte Frau Richterin, sehr geehrter Herr Richter,

 

 

im sozialgerichtlichen Verfahren

 

Ralph Boes

- Kläger -

 

gegen das

Jobcenter Berlin Mitte

- Beklagte - 

 

wegen: Sanktionsbescheid gemäß § 31a  Abs. 1 SGB II,

 

beantrage ich:
 
 

1.   Das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG auszusetzen
 

2.   dem Bundesverfassungsgericht folgende Fragen zur Entscheidung vorzulegen:
 

A.

Wird der ARBEITSBEGRIFF, den das Jobcenter vorlegt, und die Definition des "Interesses der Allgemeinheit", an dem das Jobcenter den Wert der Arbeit bemisst, dem Wesen der Arbeit, ihrem wahren Nutzen für die Gesellschaft, der Achtung dem Schutz der Menschenwürde und dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gerecht ?
(s. Teil A der Klage >>)
 

B.

Sind die § 31a i. V. m. § 31 und § 31b SGB II (in der Fassung des Zweiten Sozialgesetzbuches vom Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I vom 29.3.2011, S. 453) mit dem Grundgesetz vereinbar, insbesondere mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das sich aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG, sowie mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 S. 1 ergibt ?

(s. Teil B der Klage >>)

 

3.   Eine Verfassungsklage stellt die gültige Rechtsnorm in Frage. Ich stelle deshalb zusätzlich

            den Antrag

 

C.

den "Brandbrief", der mein Handeln begründet
und die politische Problematik von SGB II umreißt
(s. Teil C der Klage >>)

 

in die Betrachtung oder das Verfahren mit einzubeziehen.

 

 

 

Begründung:

 

Gegen mich wurde mit Bescheid vom 24. August 2015 eine Sanktion verhängt, die den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengelds II zum Gegenstand hatte.

S. Bescheid vom 24. August 2015, s. Anlage 1

Grund hierfür war, dass ich es unterlassen habe, Bemühungen um "Aufnahme einer Arbeit" nachzuweisen.

Mein Widerspruch vom 13.10.2015

S. Widerspruch vom 13.10.2015, s. Anlage 2

wurde vom Jobcenter mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. November 2015 abgelehnt.

S. Widerspruchsbescheid vom 27. November 2015, s. Anlage 3
 
 

Da ich

- sowohl die Sanktionen in SGB II
- als auch den dem SGB II unterlegten Arbeitsbegriff

für verfassungswidrig halte,
habe ich mir zur Aufgabe gemacht, mich unabhängig von meinem persönlichen Wohlergehen, d.h., auch wenn mir durch Sanktionen die Lebensbasis entzogen wird, für die Wiederherstellung der Grundrechte und die wieder-Gültigmachung der Verfassung in den betreffenden Punkten einzusetzen.

Hierzu habe ich zunächst einen "Brandbrief" geschrieben, der im Umriss das politische als auch die rechtlichen Probleme skizziert und der mein Handeln begründet.

S. "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Brandbrief eines entschiedenen Bürgers",
Teil C der Klage

Dann wurde mir von unabhängigen Verfassungsrechtlern ein ausführliches Gutachten zur Verfassungswidrigkeit der §§ 31 f SGB II erstellt.

S. "Gutachten zur Verfassungswidrigkeit der Sanktionen in SGB II",
Teil B der Klage

Da mir die Betonung der Verfassungswidrigkeit der Sanktionen in Hartz IV alleine noch zu schwach erscheint, habe ich die Klage noch um die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsbegriffes in Hartz IV ergänzt.

S. "Frage zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsbegriffes in SGB II",
Teil A der Klage

Die Frage zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsbegriffes und das Gutachten zur Verfassungswidrigkeit der Sanktionen in SGB II sind zur Hauptbegründung des hiermit vorgelegten Antrages auf eine Richtervorlage gemacht.

Der Brandbrief soll zur Orientierung über die politische Dimension der Fragen und zur Orientierung über die persönlichen Motive des Antragsstellers dienen. 
 

_________


 

Anmerkungen:

1.) Es handelt sich um die 11. Sanktion in direkter Folge, die außerdem so ausgegeben wurde, dass sich mit einer bereits laufenden Sanktion eine 200%-Sanktion ergab.

S. tabellarische Übersicht der Sanktionen, Anlage 4

Schon allein angesichts der Fülle der Sanktionen und angesichts der Tatsache, dass die Sanktionen aus geistigen Gründen bei mir nicht zum beabsichtigten Ziel (Anpassung an den Arbeitsmarkt) führen KÖNNEN, ist zu fragen ob da nicht der "Schikaneparagraph" § 226 BGB in Anschlag zu bringen ist.
 

2.) Eine Besonderheit dieser Sanktion ist in ihrem Vorlauf gegeben.

Mit dem Datum vom 26.11.2014 wurde mir vom Jobcenter der Vorschlag einer Eingliederungsvereinbarung zugesandt,

s. Eingliederungsvereinbarung vom 26.11.2014, Anlage 5

dem ich am 12.12.2014 begründet widersprochen und die Frage aufgeworfen habe, wie im Sinne des Artikel 1, Absatz 1 Satz 1 durch die Sanktionen meine Würde geachtet und geschützt wird.

S. meinen Brief vom 12.12.2014, Anlage 6

Die Diskussion dieser Frage wurde vom Jobcenter in einer Weise geführt, die die prinzipielle Verfassungswidrigkeit der Arbeit der Behörde mehr als deutlich offenbart: 

s. – die Antwort vom Jobcenter vom 19.12.2014, Anlage 7

    - meinen Brief vom 07.01.2015, Anlage 8

    - meinen Brief vom 29.01.2015, Anlage 9

    - die Antwort des Jobcenters vom 03. Februar 2015, Anlage 10

    - die Anhörung z. mögl. Eintritt e. Sanktion vom 24. März 2015, Anlage 11

    - meine Antwort vom 20.04.2015, Anlage 12

 

Da diese Diskussion deutlich die Loslösung der Arbeit der Behörde von den Grundsätzen der Verfassung zeigt, lege ich Sie hier in zusammengefasster Form noch einmal bei:

 

s. Wie wird durch die Sanktionen meine Würde geachtet und geschützt?
    Test der Verfassungsmäßigkeit der Handlungen des Jobcenters, Anlage 13

 

Aus meiner Sicht war es schon auf Grund dieser Auseinandersetzung nicht mehr berechtigt, den Verwaltungsakt, erst recht nicht, die Sanktion auszusprechen.

Aus meiner Sicht bekräftigt diese Auseinandersetzung allerdings auch das Motiv, die Sanktionsgesetze zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe zu bringen.

 

3.) Da die Sanktionen oft so legitimiert werden, dass der Gesetzgeber selbst bei vollständigem Wegfall der Leistungen "eine letzte Grundversorgung" sicher stelle – z.B. durch die Lebensmittelgutscheine - lege ich auch noch eine Auseinandersetzung zum Thema der Lebensmittelgutscheine ein.

 

S. Würde ODER Leben  –  Zu Wesen und Bestimmung der  

    Lebensmittelgutscheine.  Eine Auseinandersetzung, Anlage 14

 

 

Mit freundlichem Gruß,

Ralph Boes