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Antwort auf die Stellungnahme von Inge Hannemann zum jetzigen Sanktionshungern von  Ralph Boes

 
 

 


Liebe Inge - mit Staunen habe ich deine Stellungnahme zu mir in Facebook zur Kenntnis genommen und möchte Dir hier meine Antwort geben.

Du schreibst:

"Ich wurde gefragt, ob ich das neueste „Sanktionshungern“ von Ralph Boes unterstütze, oder warum ich es nicht tue.

 

Meine Gründe:
 

Zunächst halte ich dieses erneute „Sanktionshungern“ für den falschen politischen Weg. Hartz IV oder hier speziell die derzeitige unsägliche Sanktionspraxis sehe ich als einen gesamtpolitischen Skandal an, welches auch in diesem Duktus „angegangen“ werden sollte. Es kann nur durch eine Gesetzesänderung erfolgen. Dazu bedarf es eines Widerstandes unter Berücksichtigung und Differenzierung aller Seiten sowie die Verknüpfung der tatsächlichen internen Abläufe und nicht nach Vermutungen.

 

1.) Dass du mein Sanktionshungern für den "falschen" Weg hältst, da ist natürlich nichts dagegen zu sagen. Die Bundesagentur für Arbeit hat DEINEN Weg auch nicht unbedingt begrüßt.
Es gibt aber einen Unterschied zu einem Weg, den man aus politischem Kalkül einschlägt, zu einem solchen, zu dem einen die Verhältnisse drängen.

Das Sanktionshungern ist mir durch die Verhältnisse AUFGENÖTIGT.
Nach drei Jahren Totalsanktion sind meine Kräfte und Möglichkeiten jetzt einfach erschöpft.
(http://grundrechte-brandbrief.de/Meldungen/2015-06-17-Siebzehnter-Juni.htm)
Hast Du da einen besseren Weg?

2.) Du schreibst, es brauche einen Widerstand "unter Berücksichtigung und Differenzierung aller Seiten sowie die Verknüpfung der tatsächlichen internen Abläufe und nicht nach Vermutungen."

Was soll der letzte Teil des Satzes heißen? Dass ich undifferenziert und aus Vermutungen agiere?
Und dass NUR DU mit DEINEN Kontakten und Recherchemöglichkeiten zum Widerstand berechtigt bist?  

Bei den unmäßigen Sanktionen und der in jeder Weise von mir offen gelegten Auseinandersetzung mit dem Jobcenter – sollte es sich da NICHT um die Offenbarung absolut belastbarer "interner Abläufe" handeln?

 

Ich bin nicht der Meinung, dass die alleinige „Schuld“ nur bei den Mitarbeitern in den Jobcentern liegt.

 

Da stimme ich SELBSTVERSTÄNDLICH zu! In erster Linie ist ein GESETZ für all das Unrecht verantwortlich.
Dazu habe ich meinen ersten Brandbrief geschrieben – und in JEDER Auseinandersetzung weise ich darauf hin.

 

Die Agenda 2010 ist ein neoliberales Konstrukt, welches die Lobbyisten und den Niedriglohnsektor stärkt und für diese eingeführt und ausgebaut wurde / wird. Zwar sind die Ausführenden durchaus die Jobcenter; jedoch nur die Mitarbeiter an den Pranger zu stellen, ist für mich ein Schwarz-Weiß-Denken.

 

Warum setzt du solche Selbstverständlichkeiten GEGEN MICH EIN?
Warum behauptest Du, dass ich ein solches Schwarz-Weiß-Denken habe?
Und nur die Mitarbeiter des Jobcenters verantwortlich mache?
Weil ich den Briefverkehr mit dem Jobcenter veröffentliche?

Inge – was ist los mit Dir?

Dieser Briefverkehr und der darin manifestierte Umgang der Jobcenter-Mitarbeiter mit dem Grundgesetz und mit den Menschen ist genauso FAKT, wie alles, was DU auf DEINEN Wegen über das System ans Tageslicht bringst.

Politiker / Verbandsfunktionäre etc. sprechen nicht mit mir! Weil ich, anders als Du, ein Teil der durch sie erzeugten, stigmatisierten und verachteten Hartz–IV-Betroffenen bin und sie sich "schmutzig" machen würden, mit mir zu reden.
Deswegen habe ich aus solchen Kontakten auch nichts zu berichten.

Dass in meinen Veröffentlichungen vor allem die Mitarbeiter der Jobcenter zu Wort kommen, hängt mit der speziellen Struktur meines Widerstandes zusammen.
Und dass die Mitarbeiter der Jobcenter dabei meist SCHLECHT wegkommen, ist nicht MEINE Schuld! Es sind die Reaktionen der Mitarbeiter selbst, durch die sie SICH SELBST in Frage stellen!

 

Dieses führt die Gewaltspirale an und die unterstütze ich nicht.

 

Unter der Überschrift des Artikels, der verkürzt heißt: "Warum ich Ralph Boes nicht unterstütze", heißt das,
dass du MICH für eine Gewaltspirale verantwortlich machst!

Liebe Inge – Ich erinnere mich, dass Du im Juni 2013 von der Bundesagentur für Arbeit genau mit dem gleichen Argument angegriffen wurdest. Da hieß es:

"Angesichts der anhaltenden öffentlichen Attacken der (inzwischen freigestellten) Mitarbeiterin des Hamburger Jobcenters Inge Hannemann sieht sich die Bundesagentur für Arbeit gezwungen, Stellung zu nehmen - allein schon zum Schutz der vielen tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die durch die Äußerungen von Frau Hannemann beleidigt, herabgewürdigt und in Gefahr gebracht werden." (S. hier >>)

Liebe Inge – was ist mit Dir geschehen? WIR haben Dich damals rückhaltlos mit Demos und Flashmobs in Schutz genommen.
Warum wendest Du dieses abgeschmackte Argument jetzt GEGEN MICH?

 

Vielmehr frage ich mich, ob die Menschenwürde in diesem Fall nicht für alle gilt?
 

Glaubst Du wirklich, ich denke da anders?
 

Für mich bedeutet Menschenwürde und Pazifismus: Es gilt für alle. Aber genauso gilt auch für die Mitarbeiter in den Jobcenter und den Gerichten: Jeder ist für sein Handeln selbst verantwortlich. Keiner muss tatsächlich sanktionieren, wenn er oder sie sich die Zeit nehmen würde die tatsächlichen Gründe für eine Verweigerung zu sehen und vor allem anzuerkennen. Dazu bedarf es ein Umdenken und sich von der internen Propaganda zu lösen, Zahlen zu ignorieren und Mensch sein!

 
Sag das den Mitarbeiten der Jobcenter und der Gerichte – aber wende das nicht gegen mich.
 

Weiterhin unterstütze ich nichts, wo Menschen zu Tode kommen oder diesen in Kauf nehmen. Nun mag man sagen: „Die Jobcenter töten.“ Es ist ein Skandal, dass den Menschen, die nicht parieren, alles genommen werden kann und wird. Und das verurteile ich ebenso. Ich verurteile aber auch, wenn Gewaltkommentare gegen Mitarbeiter oder Jobcenter stillschweigend hingenommen werden oder gar unterstützt werden. Gewalt ist nie eine Lösung und für mich ein Ausdruck der Verzweiflung.

 

Liebe Inge – ich bin außerordentlich schwer beschäftigt. Ich kann die Kommentare in Facebook nur ab und an durchforsten. Kommentare, die unangemessen sind, lösche ich dann und blockiere auch die Kommentatoren. Kommentare, die ich noch nicht beseitigen konnte oder die mir durchgerutscht sind, MIR anzulasten, ist etwas stark!
Gewaltkommentare gegen Mitarbeiter der Jobcenter kann ich zwar gut VERSTEHEN, weil sie ein verständliches Echo der gegen die Menschen ausgeübten Gewalt von den Jobcentern ist – aber sie werden von mir nicht UNTERSTÜTZT!
Gerade der GEWALTLOSE, aber die Verhältnisse OFFEN LEGENDE, die Menschenwürde und die Verfassung wieder EINSETZENDE Widerstand ist ja mein Thema. 

 

Widerstand heißt für mich: Ausdauer, Hartnäckigkeit, Strategie, Neues, Positives, Differenzierung und im Leben stehen. 

 

Genau so sehe ich es auch.

 

Widerstand kann nur geleistet werden, wenn man lebt!

 

Liebe Inge – was soll ich da sagen?

Du sprichst VON DEINER ENTSCHEIDUNG, weiter im System zu bleiben – und schließt die HÖHEREN Formen des Widerstandes, die den eigenen Tod in Kauf nehmen, aus. Dabei hast Du in deinem Buch selbst geschrieben, wie sehr dich die Unbeugsamkeit des Giordano Bruno berührt hat.

Gehst Du den Weg des Galilei? Das ist ok! Man kann von niemandem mehr FORDERN. Und schon DIESER Weg ist schwer genug.

Aber Brunos Weg wirkt TIEFER! Ihn jetzt anzuschwärzen – ich sage das jetzt ganz freundschaftlich und unpolemisch: ist nicht recht.
 

Daraus folgt die politische Problemanalyse, daraus das Handeln und das Aufzeigen von Wegen aus der Situation. Ein Aufschrei in Form von Kommentaren auf Facebook reicht nicht aus.
 

Was, bitte, hat das mit MIR zu tun ???
Hast Du das THEMA deines Schreibens vergessen? Unter der Überschrift deines Schreibens ist das GEGEN MICH gesagt!

 
Der Abgrund deiner Argumentation aber wird mit folgendem Absatz erreicht:
 

Was haben wir bisher erreicht?

Zum ersten Mal seit zehn Jahren wird so viel wie noch nie über die Sanktionspraxis diskutiert: politisch, verbandsorientiert, innerhalb der Jobcenter und Arbeitsagenturen und auch die BA gibt es intern zu. Das hat nur funktioniert, weil viele Menschen, ob betroffen oder nicht, ihren eigenen Widerstand leisten – sei er laut oder leise. Es hat dann nicht funktioniert, wenn undifferenziert oder mit Gewalt drauf eingedroschen wurde.

 

DANKE !!! Habe ich in deinen Augen DAS getan?
Du sprichst in deinem Aufsatz ÜBER MICH! Und deine Entscheidung MICH NICHT zu unterstützen. Und ALLES, was du rauslässt, geht
AN MICH!

 

Wissenschaftler, Aktivisten, Verbände und z.T. Betroffene werden angehört und gehört. Eine Mauer des Schweigens der internen Abläufe wurde durchbrochen.

Ich denke, wir sind uns einig, wenn ich sage: Hartz IV muss weg! (...)"

 

Liebe Inge – das ist alles m.E. richtig.
Hier übergehst Du aber, dass das Gesetz jetzt auch zur Überprüfung im Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe liegt!  
Warum verschweigst Du DAS ?
Weil nicht DEIN Name unter dieser Entwicklung steht?
 
Liebe Inge -

Ich weiß nicht, was passiert ist.

Ist es wirklich deine Meinung, die Du hier zu Tage bringst?

 

Einfach sprachlos:
Ralph